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von Border am 28.01.22 um 14:36 | ||
Antwort auf: was gefällt! von ossi_osram | ||
Heiliger Bimbam, macht das Laune! „Kurze“ Vorgeschichte: Seit gestern sind es genau 6 Monate, die ich mit dem Abnehmen beschäftigt bin. Diesmal wollte ich es mal komplett anders machen. Es sollte nicht ein weiterer der hundert bisherigen Versuche werden, um von diesen unfassbar krassen Kilomengen wegzukommen. Zum Schluss waren es auf knapp 2m Körpergröße „stolze“ 199kg. Ich erinnere mich noch, wie ich in sehr jungen Jahren beinahe geheult hätte, als ich mit der 1 dreistellig wurde. Die 2 durfte auf keinen Fall passieren. Also: Abnehmen! Und diesmal richtig und nachhaltig. Ich hatte für mich entschieden, dass es diesmal komplett ohne Bewegungsdruck, ohne Verzichtsgefühl, ohne Diät-Charakteristik passieren muss. Quasi ein Ding der Unmöglichkeit, aber im Endeffekt hab eich „einfach nur“ ein paar Dinge umgestellt, achte auf eine Kalorienbegrenzung, schreibe alles auf, was ich esse, um den Überblick zu behalten (Kalorienzählen, bla bla... ich weiß) und achte auf ausreichend Eiweiß und generell Nährstoffe. Nach 6 Monaten sind es genau 44,5kg, die ich verloren habe. Komplett ohne Sport. Womit ich nicht gerechnet hätte, weil ich eine faule, fette Sau bin: der Bewegungsdrang kam irgendwann, nachdem sich der Körper nicht mehr jeden Morgen wie der eines 70-Jährigen Zementsacks anfühlte. Ich gehe hin und wieder raus, laufe 6-8km herum... einfach so. Durch die Natur oder die Straßen. Und der Scheiß macht auch noch Spaß. Podcast oder Musik auf die Ohren, raus, wohlsein! Ein großer Meilenstein war letzte Woche erreicht. Ich habe endlich so viel Gewicht verloren, dass mich ein Fahrrad außerhalb der Schwerlast-Kategorie trägt. Ich habe eins konfigurieren lassen und bestellt. Nachteil: Lieferzeit aufgrund der aktuellen Lage ca. 4-6 Monate. Vorteil: die erste Fahrt wird nicht mit dicker Jacke und Schal sein :) Zum Thema: Ein weiterer Nebeneffekt war, dass ich konsequent alles, was ich zu mir genommen habe, mal genau unter die Lupe genommen habe. Klar, auf Verpackungen stehen Angaben. Die kann man lesen und dann selbst entscheiden, ob man das weglassen oder nach Alternativen suchen sollte. Bei Brot ist das schon nicht mehr ganz so einfach. Ich bin ein großer Brotfreund. Ich liebe vor allem rustikale Brote - Sauerteig, am liebsten Vollkorn, bestenfalls Roggen-Vollkorn. In den letzten 20 Jahren ist mir aufgefallen, dass ein beim Bäcker gekauftes Brot nicht mehr, wie es früher mal war, irgendwann einfach alt und hart wird, sondern spätestens am 3. oder 4. Tag muffig riecht und schmeckt und einen Fingerschnipps später Schimmel bildet. Brot wird alt, aber Brot schimmelt doch bitte nicht! Jedenfalls nicht in einer Brotbox oder im Tontopf. Dummerweise passierte das aber immer wieder. Teilweise schon nach 2 Tagen. Bin dann mal auf die Suche gegangen und habe herausgefunden, dass die meisten Bäcker heute eigentlich nur noch auf Mischungen backen. In großen Säcken und nicht selten aus Fernost. Puristische Bäckereien gibt es nur noch vereinzelt. Selbst die, die sogar damit werben, haben die ein oder andere Leiche im Mehlsack. Da werden bestimmte Triebmittel zugesetzt, um Zeit zu sparen. Leider alles andere als völlig natürlich. Da wird der 24-Stunden-Garprozess mal eben auf 3 Stunden reduziert. Da gibt es eben diese oder jene Mittelchen. So kam ich zum Thema und habe recherchiert, wie man eigentlich Brot backt. Am besten natürlich das, was ich gerne hätte. Erste Erkenntnis: Toll, meine Lieblingsbrote sind natürlich gleich Teil der Königsdisziplin. Egal - muss ja irgendwie gehen! Seit Mitte November habe ich experimentiert. Ich habe mir meinen eigenen Sauerteig angesetzt und bin daran erst mal einige Versuche lang kläglich gescheitert. So ein Sauerteig braucht ja erst mal 4-6 Tage, bis man sieht, ob er wirklich brauchbar ist. Mit drei Versuchen ist man dann leider schon wieder 2-3 Wochen älter, ohne dass man überhaupt ans Backen denken konnte. Mal ist er umgekippt und hat sich verflüssigt, mal ist er komplett übersäuert, dann hat er plötzlich Schimmel angesetzt. Irgendwann habe ich, um das Backen an sich irgendwann mal zu erleben, einen Fertigsauerteig (gibt's ja von Seitenbacher oder BioVegan etc.) gekauft und Rezepte ausprobiert. Die Sauerteige eignen sich nicht zur Züchtung. Sollen direkt verbacken werden. Ja, gut... konnte man essen... ja... aber irgendwie... hmnneeee... beim Bäcker schmeckt das anders. Dann habe ich rausgefunden, dass die Sauerteige bei den Bäckern oft Jahrzehnte alt sind und immer wieder weitergezogen werden. Eine Nachfrage bei „meinem“ Bäcker ergab, dass der dortige Roggensauerteig ca. 60 Jahre alt ist. Die Generationen (so nennt man es, wenn er benutzt und anschließend mit Resten des angesetzten Teigs gefüttert wird) konnte man nicht zählen. „Müssten tausende Generationen sein.“, sagte der Meister. Also habe ich etliche Artikel gelesen, Blogs, Videos angeschaut, in Büchern Beschreibungen gewälzt... und mittlerweile habe ich einen selbstgezogenen, richtig explosionsartig aktiven Sauerteig. Sogar zwei: Weizen für helle Brote, Roggen für dunklere. Damit habe ich jetzt schon einige verschiedene Brote gebacken. Mein Gott, wie das schmeckt! Und das Geile ist, dass so ein Brot, abgesehen vom Handwerk und etwas Geschick beim Sauerteig, im Grunde quasi nur aus Mehl, Wasser und Salz besteht. Hier und da vielleicht mal ein paar Saaten oder Joghurt oder so. Ich habe neulich einen fetten 2kg Roggen-Sauerteig-Laib gebacken. Die Kosten dafür betrugen ca. 80 Cent. Der Geschmack kommt mit der Intensität des Sauerteigs und von der Güte des Mehls. Wir haben hier im Ort zum Glück eine alte Mühle, wo ich hervorragendes Mehl bekomme. Etliche verschiedene noch dazu. Mittlerweile habe ich eine Mehl-Bar in der Küche :D Interessanterweise ist das sogar günstiger als das vermeintliche Bio-Mehl der Premium-Supermarkt-Marken. Das macht geschmacklich schon extrem viel. Das erwähnte Supermarkt-Mehl stinkt da ziemlich ab. Mittlerweile ist es so, dass ich das Backen in meinen Alltag integriert habe. Wenn ich Sonntagmorgen ein frisches Brot oder Brötchen will, dann frische ich mir Freitagabend meinen Sauerteig auf, lege mir diverse Arbeitsschritte über den Samstag verteilt hin (Corona macht's möglich - ist ja sonst nichts los) und Samstagabend kommt das frische Brot aus dem Ofen, das bis Sonntagmorgen auskühlt und zum Anschnitt bereitliegt. Es ist nicht nur so, dass die Brote gigantisch schmecken. Man isst ein Brot auch komplett anders, wenn man weiß, dass da 30 Stunden liebevolle Arbeit drinstecken. Und mit jedem Brot - man ist ja selbst sein größter Kritiker - fallen wieder Nuancen auf, die man verbessern könnte. Man merkt, dass man eine Routine entwickelt hat, je weniger man die Waage benutzt. Das Gefühl für den richtigen Teig entsteht irgendwann. Das macht dann auch manchmal ein wenig stolz. Übers Wochenende kommt meine Schwester zu uns. Was mal die französischen Baguettes als Beilage werden soll, ist schon in der Teigruhe, der Pizzateig (Mini-Pizzas im Raclette-Förmchen! Unbedingt mal probieren!) entfaltet sich bereits seit 36 Stunden, das Roggenmischbrot für morgen früh geht heute Abend um 19 Uhr in den Ofen und steht gerade auf Gare und für die Sonntagsbrötchen habe ich eben in der Mittagspause den Vorteig gemischt. Ja, man braucht eine Menge Kram, wenn man sich das Leben hier und da erleichtern will und ein zusätzlicher Küchenschrank für all das Zeug wäre nicht schlecht, aber, meine Güte, DAS war es BISHER Wert! Also... auf die nächsten 50kg und viele, viele weitere Brote und Brötchen. Hossa! Wer Interesse hat: ich habe viele, viele Blogs gelesen und Videos geschaut. Wirklich richtig geil und überraschend simpel erklären kann's der Marcel Paa. Ist ein Bäckermeister aus der Schweiz. Sympathischer Typ, mega coole Rezepte und der hat eine Art zu erklären, dass es richtig Laune macht, ihm zuzuhören und -schauen. Interessanterweise konnte ich bisher auch alles umsetzen, was ich mir bei ihm abgeguckt habe. Bei anderen war das nicht so. Guckst du: https://www.youtube.com/c/einfachBackenMarcelPaa Sorry für den langen Beitrag, aber da ich keine Freunde habe, musste ich das mal erzählen ;) |
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