Re:Boris Schneider hat sich aus dem öffentlichen Internet zurückgezogen.
von Border am 12.04.21 um 08:40
Antwort auf: Re:Boris Schneider hat sich aus dem öffentlichen Internet zurückgezogen. von Pascal Parvex

>>Irgendwann hatte es beispielsweise Facebook ja gar nicht mehr geleugnet, dass deine Statusmeldungen gar nicht allen deinen Freunden angezeigt werden bzw. ihre Statusmeldungen unter Umständen mir nicht angezeigt würden. Das Ganze angeblich aufgrund eines intelligenten Interessensprofils, über das ausgerechnet würde, was mich interessiert und was nicht.
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>Diesen Aspekt würde ich nicht so einseitig sehen. Ich habe mal gelesen, dass der durchschnittliche User ohne diese Filterung jeden Tag in seiner Timeline dreitausend Meldungen sichten müsste.

Damit wäre "der durchschnittliche" User ja dann mündig und müsste selbst entscheiden, wem oder was er folgt. Das wäre doch sehr, sehr schlimm. Deswegen nehmen wir ihm diese Entscheidungen doch einfach ab und platzieren das, was der Algorithmus und die Werbekunden vorschlagen, auf den besten Positionen.

Ganz ehrlich: zu meiner aktiven Zeit hatte ich 350 Personen in der "Freundesliste". Wenn ich abends alle Updates durchgescrollt hatte, war ich gut 10 Minuten beschäftigt und wer in welchem bescheuerten Spiel welches Item erhalten hat oder verschenkt, hatte ich ohnehin ausgeblendet. Es gibt mehrere dieser Firmen, die ganz offen aussprechen, dass sie den Usern nicht zutrauen, die Möglichkeiten selbstständig zu nutzen. Für mich fing der Untergang an, als Facebook die Timelines manipuliert hat. Früher konnte ich sehen, dass Person A einen Beitrag verfasst hat. Person B nicht. Der Beitrag von Person A interessiert mich, da ich mit der Person befreundet bin. Ich war also "informiert". Die Güte der Information sei jetzt mal dahingestellt, aber ich war informiert. Heute ist es so, dass mir eher ein 2 Wochen alter Beitrag von Person B angezeigt wird, als der neueste Beitrag von heute Morgen von Person A, deren Beiträge mir sogar seit 6 Monaten nicht mehr angezeigt wurden. So selektiert beispielsweise Facebook (übrigens auch LinkedIn, weil das nichts anderes ist als Facebook for Business) meine Freunde aus und filtert ungefragt Dinge heraus, die mich interessiert hätten. Ab diesem Moment spricht man von gezielter Meinungsmache und Manipulation, bei Weitem jedoch nicht mehr von individuelle zusammengestellten Beiträgen auf der Basis meiner Interessen.

Facebook ist mächtiger als es sich der 08/15 User vorstellen kann, der vielleicht gerade einmal weiß, wie er seinen PC oder sein Handy einschaltet. Aufgrund fehlender Kenntnisse werden ihm Dinge untergejubelt, die er selbst nicht kontrollieren kann. Und die, die Ahnung haben, werden restriktiert und es werden ihnen Funktionen vorgeheuchelt, die es gar nicht gibt. Beispielsweise die aktive Inkludierung von Updates eines bestimmten Profils. Der Button hatte seinerzeit absolut keine Funktion. Er diente lediglich dazu, dem Algorithmus zu signalisieren, dass hier Interesse besteht. Die errechneten Interessensprofile überstimmen die eigenen Klicks jedoch, was den Button unterm Strich nutzlos macht.

Ich habe mich drei Jahre nicht mehr um die Technik gekümmert, habe auch etwas den Kontakt verloren, aber bis 2018 war das in etwa so. Und solange Herr Zuckerberg sich bei öffentlichen Auftritten zum Thema Kritik weiterhin so verhält, wie er sich verhält, glaube ich dem Verein kein Wort. Oder anders: Ich glaube Facebook niemals wieder auch nur ein Wort, unabhängig von der öffentlichen Wahrnehmung.

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