Re:ZDF Beitrag in der Mediathek
von Border am 26.05.23 um 13:26
Antwort auf: Re:ZDF Beitrag in der Mediathek von ossi_osram

>>Als die Anfrage kam, habe ich auch kurz überlegt, ob ich das wirklich mache. Am Ende ist von der ganzen Depressionsgeschichte ja auch nur gut ein Satz übrig geblieben. Die Aufnahmen allein dazu waren eher 15 Minuten. Ich wusste bis zum Schluss nicht, was davon sie nehmen würden.
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>stimmt, das war bei meinem Interview damals auch so, es wurde viel mehr Material gesammelt als dann gesendet wurde. der Bericht über dich/euch war ja sehr positiv, bei meinem Interview hatte ich mich damals aber schon etwas geärgert, das war tendenziös zusammengeschnitten. da habe ich zum ersten Mal sozusagen hautnah erlebt wie Meinung gemacht wird. die Sachen die gesendet wurden habe ich zwar alle gesagt trotzdem hat das Gesendete den Tenor des Interviews nicht korrekt wiedergegeben. durch die Auswahl und das simple Weglassen einzelner Passagen kann man sowas sehr geschickt verfälschen.

Ja, das ist richtig. Habe ich schon häufiger erlebt. Es wird eine Riesenstory gedreht, teilweise die persönliche Meinung abgefragt oder sogar in diversen Umformulierungen derselben Frage auf Abwandlungen der Antwort gepocht. Zielgruppengenau kann dann am Ende der Bericht genau so aufbereitet werden, wie er benötigt wird. Da werden Aussagen aus dem Kontext gerissen, Antworten auf völlig andere Fragen eingeschnitten. Im schlimmsten Fall siehst du bei der Ausstrahlung das komplette Gegenteil von dem, was du eigentlich gesagt hast bzw. zum Ausdruck bringen wolltest. Ganz groß war das bei dem BILD TV-Sender der Fall. Da ist ja zum Glück das Ende schon in Sicht. Ganz furchtbarer Hardliner-Krempel am verschwörerisch-rechts-völkischen Rand.

Das ist aber auch der Grund, warum Politiker im Bundestag völlig frei reden, in jede Kamera dieselben Vokabeln blubbern, aber in Interviews grundsätzlich rumeiern und nie eine klare Aussage treffen. Die Rede im Bundestag kannst du in Gänze nachlesen. Da kann nichts verfälscht werden. Sie achten in Interviews aber sekündlich darauf, dass keine Aussage, auch nicht ein Schnipsel eines Teils dieser Aussage, die Aussage relativieren, verfremden oder gar umkehren könnte. Das ist knallharte Sturheits- und Verschlossenheitsrhetorik: bloß keine Angriffsfläche bieten und zur Not stur Aussagen wiederholen, die möglichst kaum Inhalt bieten.

Wir haben mit der Mannschaft ein Kamerateam weggeschickt, nachdem dieses nach wenigen Minuten Drehzeit angefangen hat, gezielt die Leute um Statements vor der Kamera zu bitten, von denen sie dachten, dass sie eher schlichteren Gemüts seien. Dann ging das über in schräge Aufforderungen, man solle doch mal eine Szene nachstellen, in der man irgendwie über die eigenen Beine fällt oder wo zwei Leute im Zweikampf mit dem Bauch gegeneinanderprallen. Da war schnell klar, dass deren Beitrag eine Witznummer "gegen" Dicke werden soll und kein seriöser TV-Bericht. Das wäre so ein Ding geworden, wofür man sich sein Leben lang geschämt hätte.

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