Re:Kurzes Update von "drüben"
von Border am 06.11.23 um 15:13
Antwort auf: Re:Kurzes Update von "drüben" von Pascal Parvex

>>Was Ahmet schreibt, mag wie 08/15 Populisten-Repertoire klingen, aber gerade bei ihm ist da eine Menge Glaubwürdigkeit dabei. Wenn ich lese, was er im Maniac geschrieben hat, erkenne ich ihn in den Zeilen auch wieder.
>
>Ist schon ziemlich Ahmet, was er da schreibt. Aber trotzdem, dafür, dass er nicht auf die Kohle angewiesen zu sein scheint, hätte er auch die richtige Seite der Geschichte wählen können.

Ich versuche das auch aus einem anderen Blickwinkel zu sehen:
Wenn du eine Meinung hast, die leider von Populisten belegt ist und die, wenn man sie irgendwo äußert, einen direkt in die rechte Ecke stellt, gibt es ja nun mal kein Portal oder Magazin, das einen veröffentlicht. Wenn ich jetzt die Meinung habe, dass Gendern völliger Quatsch und ausschließlich das Resultat einer viel zu lauten Minderheit innerhalb der Minderheit ist, deren gesellschaftlicher Anteil so verschwindend gering ist, dass selbst die Quote unterhalb jeglicher messbaren Grenze liegt und dass ich es absolut bescheuert finde, für 5 Leute deutschlandweit Queer Toilets an Raststätten aufzustellen, dann wird die Luft schon dünn in Sachen Redaktionen, die sich regelrecht trauen müssen, eine solche Meinung zu drucken oder zu senden. Das Problem ist nicht die Meinung. Das Problem ist, dass die Meinung schon als No Go zählt, weil der gesunde Menschenverstand dem Verurteilungswahn und der Hexenjagd gewichen ist. Das Groteske dabei ist, dass Mehrheiten ausgegrenzt und Andersdenkende verurteilt werden. Nennt man auch Faschismus. Witzig. Das eben war eine fiktive Zusammenstellung einer Meinung. WENN jemand diese Meinung hat, wird er nicht viele Publizierungsmöglichkeiten finden, außer bei denen, die ohnehin in der vermeintlich rechten Ecke publizieren. Du wirst ja heute schon als rechtsnationaler Verschwörungstheoretiker beleidigt, wenn du nur Telegram auf dem Smartphone hast. Und das war jetzt nicht fiktiv... passiert mir regelmäßig, weil ich seit 2015 WhatsApp nicht mehr genutzt habe. Ich bin weder Mitglied in einer Telegram Gruppe noch folge ich dort irgendwem. Ist quasi der 1:1 WhatsApp Ersatz. Muss man aber nur haben und schon gehen die Leute einen Schritt zurück, schütteln den Kopf und sagen Dinge wie: "Mein Gott... DAS hätte ich von DIR aber gar nicht gedacht!"

Will sagen: Eine Meinung ist eine Meinung. Eine breite Masse aber mit einer Meinung zu versorgen, geht heute nicht mehr so einfach, sobald diese Meinung, welcher Gattung auch immer, entgegen dem gesellschaftlichen Normativ steht. Simple Dinge wie "Ich bin gegen gendergerechte Sprache." kannst du nicht mal erklären, weil du so weit gar nicht kommst und dich die ersten Tomaten schon am Kopf treffen, bevor du überhaupt zu einer Erklärung angesetzt hast. Nicht von Menschen, die du hier verletzten könntest, sondern von Menschen, die glauben, dass du jemanden damit verletzen könntest. Meinungsmache funktioniert heute eben anders. Früher hat man gesagt "Sowas kann in Deutschland nie wieder passieren" und bei den Nazis sind wir alle froh, dass es bisher so geblieben ist. Aber an derer Stelle war es offenbar sehr, sehr einfach, Großteilen der Gesellschaft Maulkörbe zu verpassen, die manche erst dann mitbekommen, wenn sie aus Versehen mal eine ehrlich Meinung äußern. Wir haben uns als Gesellschaft ganz einfach während der letzten 10 Jahre von irgendwelchen Vögeln mit Internetanschluss diktieren lassen, was man sagen darf und was nicht. Gleichzeitig haben wir den Respekt voreinander und eine ordentliche Diskussion zu führen verlernt.

Früher:
A: "Ich finde, wir nehmen zu viele Flüchtlinge auf."
B: "Meinst du? Wie kommst du darauf?"
A: "Naja... wenn man sich die Zahlen mal anschaut und mal vergleicht, wie viele Menschen wir gesellschaftliche integrieren oder kapazitär überhaupt aufnehmen könnten, finde ich das schon krass viel. Und wir können ja auch nicht alle integrieren. Es geht ja nur um Obdach, solange in deren Land die Lage so schlimm ist."

Heute:
A: "Ich finde, wir nehmen zu viele Flüchtlinge auf."
B: "NAZI DRECKSVERDAMMTER HURENSOHN ALTER!"

Früher:
A: "Ist das Gendern von Sprache nicht gleichzeitig eine Diskriminierung?"
B: "Wie kommst du darauf?"
A: "Na, wenn ich eine gesamte Sprache zu umbaue, dass jede Minderheit Berücksichtigung findet, stelle ich diese dann nicht auch gesondert heraus und deute darauf hin, dass es auch 'die da' gibt?"
B: "Ich weiß nicht. Das finde ich etwas weit hergeholt... ich bin da eher entspannt."
A: "OK - ich bin gespannt, wie das weitergeht."

Heute:
A: "Ist das Gendern von Sprache nicht gleichzeitig eine Diskriminierung?"
B: "DU HOMOQUEERPHOBES SCHWEIN! SCHÄM DICH!"
A: "Was zum... AUA!"

Mir macht das wirklich Sorgen. Und noch mal: Das sind konstruierte Beispiele aus echten Diskussionen, die ich hier und da mitbekomme. Nicht alles ist gleich ultrarechts, nicht alles homophob. In den beiden Beispielen sehe ich weder das eine noch das andere _überhaupt_ rechts oder homophob. Ach... wahrscheinlich ist dieser Post aber auch schon wieder irgendwas, was ich noch nicht gehört habe. Liberalnationalistischer Kognitivismus oder so....

< antworten >